Amerikanische und asiatische Wespenarten breiten sich in Deutschland aus

Seit wenigen Jahren macht eine Wespenart regelmäßig Schlagzeilen und führt zu Ängsten bei Behörden und Imkern. Es ist die Asiatische Hornisse Vespa velutina. Diese ursprünglich aus Südostasien stammende Faltenwespe wurde 2004 erstmalig in Südwestfrankreich beobachtet. Seither breitet sich die eingeschleppte Art stetig erst in Frankreich und inzwischen auch in den Nachbarländern aus. In Deutschland wurde sie zehn Jahre nach dem europäischen Erstfund im Jahr 2014 bei Karlsruhe nachgewiesen. Seither hat sie sich vor allem im Oberrheingraben etabliert. 2020 wurde auch ein Nest in Hamburg gefunden. Doch Forscher gehen davon aus, dass es sich dabei nur um ein isoliertes Vorkommen handelt, weil sich die Art zwar in Hamburg aber bisher noch nicht darüber hinaus etablieren konnte.

Solche Meldungen schrecken viele Menschen auf. Die Asiatische Hornisse ist dafür bekannt, dass sie Honigbienen frisst. Daher wird sie vor allem in Frankreich stark bekämpft, bisher jedoch noch ohne nennenswerten Erfolg. Es ist zudem sehr umstritten, wie schädlich sie wirklich für Honigbienenvölker ist. Manche Forscher winken auch ab und geben Entwarnung. Dennoch gilt sie auch in Deutschland als potentiell gefährliche invasive Art, Sichtungen müssten bei den Landesumweltämtern gemeldet werden.

Ein weiteres Thema ist die Angst vor giftigen Stichen. Vor allem in den Vereinigten Staaten von Amerika sorgen immer wieder Meldungen von Killerhornissen für eine regelrechte Panik unter den Menschen. Dafür werden dann wahlweise die ebenfalls in Amerika eingeschleppte Asiatische Hornisse, die bis zu 55 Millimeter messende Asiatische Riesenhornisse Vespa mandariniana oder in Amerika einheimische Hornissenarten verantwortlich gemacht. Gerade die Riesenhornisse sorgt oft für Aufruhr, auch wenn es von dieser Art in Amerika nur ganz vereinzelte Nachweise gibt. Obwohl sie in Europa noch gar nicht nachgewiesen ist, schafft sie es auch hier immer wieder einmal in die Medien.

Müssen wir uns daher fürchten? Wohl kaum. Denn es wird stets vergessen, dass es auch in Deutschland eine einheimische Hornissenart gibt, die sogar noch etwas größer als die Asiatische Hornisse wird. Doch alle Hornissen sind vergleichsweise harmlos und werden in ihrer Giftwirkung von den normalen Wespen getoppt, die im Sommer den Kuchen umfliegen. Noch giftiger sind Honigbienenstiche. Die meisten Todesfälle durch eine allergische Reaktion, die auch bei uns regelmäßig passieren, gehen vor allem auf die fleißigen Honigsammler zurück. Hornissen sind daran so gut wie nie beteiligt. Sie sind zudem sehr friedlich und stechen in der Regel auch nicht, wenn man sich in unmittelbarer Nähe ihres Nestes aufhält.

  • Die Asiatische Hornisse ist mit bis zu drei Zentimetern Körperlänge etwas kleiner als die in Deutschland heimische Art.

  • Die Asiatische Riesenhornisse hingegen hat ihren Namen verdient: ihre Königin kann bis zu 55 Millimeter groß werden. In Europa wurde sie bislang noch nicht nachgewiesen.

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Bild V. velutina: Gilles San Martin / CC BY 2.0 Lizenz / Link zum Original

Bild V. mandarinia: LiCheng Shih / CC BY 2.0 Lizenz / Link zum Original

Neben Hornissen gibt es eine Reihe weiterer exotischer Wespenarten, die sich ebenfalls bereits in Deutschland etabliert haben. Die bekannteste dürfte die Orientalische Mörtelwespe sein, eine sehr auffällige Art mit einer überdimensionierten Wespentaille. Sie ist manchen Menschen dadurch bekannt, dass sie ihre Lehmzellen gerne im Wohnzimmer hinter dem Vorhang oder im Bücherregal an die Bücher anheftet. Als Höhlenbrüter freut sich die aus Südostasien stammende Grabwespenart sehr über regengeschützte menschliche Behausungen. Sie wurde bereits Ende der 1970er Jahren nach Österreich eingeschleppt, erreichte vor rund 20 Jahren Deutschland und hat sich inzwischen bundesweit ausgebreitet. Ihre charakteristischen zigarrenförmigen Brutröhren werden dicht nebeneinander angelegt und mit Spinnen als Larvennahrung gefüllt. Die etwa zwei Zentimeter messenden braungelben Insekten können nicht stechen und sind daher völlig harmlos.

Weiter Arten folgten Schlag auf Schlag. Der nächste Einwanderer in Deutschland war der Stahlblaue Grillenjäger Isodontia mexicana. Diese Art, die aus Mittelamerika stammt, ist einschließlich der Flügel blauschwarz gefärbt, misst etwas weniger als zwei Zentimeter und trägt vor allem grüne Eichenschrecken als Larvennahrung ein. Sie erreichte Deutschland über Südfrankreich und ist inzwischen in weiten Teilen des Mittelmeerraums sowie auch bei uns fast flächendeckend verbreitet. Da sie Wildbienenhotels besiedelt und gerne auch in Großstädten auftritt, wird sie inzwischen auch immer wieder von Naturfotografen beobachtet und abgelichtet. Ein sehr exotischer Nistplatz konnte vom Autor beobachtet werden. Dabei zwängten sich die Tiere inklusive ihrer Heuschrecken-Beute in die Löcher im Gestänge eines Wäschetrockners.

Ein weiterer, wenig bekannterer Neueinwanderer ist die Amerikanische Mörtelwespe, Sceliphron caementarium. Diese prächtige schwarz-gelb gefärbte Art trägt ebenfalls Spinnen ein und ist südlich der Alpen fast überall zu finden. In Deutschland tritt sie bisher noch sehr punktuell auf. Doch ein aktueller Fund im Hamburger Hafen aus dem Jahr 2021 zeigt, dass die Art das Potenzial hat, bald ganz Deutschland zu besiedeln.

  • Stahlblauer Grillenjäger auf Japanischem Staudenknöterich (Reynoutria japonica), einer ebenfalls eingeschleppten Art.

  • Die Brut der Amerikanischen Mauer- oder Mörtelwespe wird in faustgroßen, aus feuchtem Lehm gemörtelten Nestern mit Spinnen vesorgt.

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Bild I. mexicana: u278 / CC0 1.0 / Link zum Original

Bild S. caementarium: Judy Gallagher / CC BY-SA 2.0 / Link zum Original

Wie sind diese Funde zu bewerten? Eine Analyse von sechs jüngst nach Europa eingewanderten Mörtelwespenarten vom Autor (in Ampulex 10, www.ampulex.de) zeigt, dass fast alle diese Arten Spinnen eintragen und Lehmnester mörteln. Dies erklärt ihren Verbreitungserfolg. Die Arten werden offenbar durch den Handel verschleppt, weil die Weibchen der Ursprungspopulation ihre Nester bspw. an einen Container in China mörteln. Diese werden auf einem Containerschiff dann nach Europa transportiert. Dort schlüpfen die Nachkommen und setzen ihr Leben auf dem neuen Kontinent ganz normal fort. Sobald das Klima passt, haben sie keine Adaptionsschwierigkeiten, Spinnen und Lehm zum Mörteln findet sich auch überall. Da zudem meist zahlreiche Nester an einer Stelle gleichzeitig angemörtelt werden, finden die Tiere auch ausreichend Sexualpartner um eine neue Population zu begründen. Durch den Klimawandel können solche Arten dann sehr leicht  Deutschland besiedeln, selbst wenn sie vielleicht aus einer subtropischen Klimazone stammen.

Die nächste Frage stellt sich nach der Wirkung dieser Arten auf die einheimische Fauna. Diese ist nicht ganz so einfach zu beantworten. Die nach Deutschland eingewanderten Mörtelwespen treffen bei uns nicht auf direkte Konkurrenz, weil es bei uns keine Arten mit ähnlicher Lebensweise gibt. Da auch die häufigsten Beutetiere, meist kleine Gartenkreuzspinnen, überall reichlich vorkommen, ist nicht von einer negativen Wirkung auf unsere Fauna auszugehen. Der blauschwarze Grillenjäger ernährt sich sogar teilweise von der Südlichen Eichenschrecke, einer ebenfalls expansiven und nach Norden wandernden Art.

Anders sieht es hingegen im Mittelmeerraum aus. Dort treten die beiden eingeschleppten und invasiven Mörtelwespen-Arten Sceliphron curvatum und Sceliphron caementarium inzwischen fast überall sehr dominant auf, während die zwei einheimischen Arten mit sehr ähnlicher Lebensweise und Körpergröße kaum noch zu finden sind. Dies lässt vermuten, dass die einheimischen Arten inzwischen von den invasiven Arten verdrängt wurden. Dieser Punkt ist jedoch noch nicht näher untersucht.

Auch bei der Asiatischen Hornisse kann nicht ausgeschlossen werden, dass sie in direkter Konkurrenz zur einheimischen Europäischen Hornisse steht. Auch hier stehen genauere Untersuchungen jedoch aus. Eine andere Schadwirkung ist jedoch sehr hoch. Die Asiatische Hornisse wird sehr stark bekämpft und erste Beobachtungen französischer Forscher weisen darauf hin, dass dieser Bekämpfung vor allem Europäische Hornissen zum Opfer fallen, weil kaum jemand diese Arten unterscheidet. Vielfach werden auch Fallen eingesetzt, denen neben Europäischen Hornissen auch sehr viele andere Insektenarten zum Opfer fallen. Da die Europäische Hornisse in Deutschland sogar gesetzlich geschützt ist, sind solche Bekämpfungsmaßnahmen sehr kritisch zu sehen.

Was bleibt festzuhalten? Exotische Insektenarten werden in unserer Fauna immer häufiger, egal ob wir das wollen oder nicht. Die meisten leben im Verborgenen und werden höchsten von wenigen Experten oder Naturfotografen bemerkt. Einige wenige Arten hingegen können stellenweise durchaus sehr häufig werden. Es ist nicht auszuschließen, dass sie unsere Ökosysteme auch negativ beeinflussen können. Doch solange der weltweite Handel zunimmt und der Klimawandel dafür sorgt, dass exotische Arten bei uns beste Bedingungen vorfinden, werden wir stetig weitere Arten bei uns antreffen.