Neozoen – exotische Neueinwanderer auch bei den Bienen

Wie wir bereits in dem Kapitel über den Klimawandel berichtet haben, verändert sich unsere Fauna derzeit sehr stark. Auffällig sind dabei vor allem diejenigen Neueinwanderer, die von Süden her zu uns kommen und unsere Fauna um Arten aus Südeuropa bereichern. In Mittel-und Norddeutschland rücken vor allem süddeutschen Arten vor. Doch es gibt noch andere Wege der Zuwanderung.

Auch viele Neozoen, Tiere aus anderen Faunenkreisen, bereichern und erobern zunehmend Europa und sogar Deutschland. Arten wie die Tigermücke schafften es aufgrund ihrer potentiellen Fähigkeit, auch tropische Krankheitserreger bei uns zu verbreiten, schon mal auf die Titelseiten der Zeitungen. Doch die meisten Insekten unter den Neozoen tun das eher unbemerkt und sind nur wenigen Fachleuten bekannt.

Hier gilt es zwischen mehreren Gruppen zu unterscheiden. Vor allem im Bereich von Seehäfen tauchen immer wieder mal Einzelfunde tropischer Arten auf, die sich bei uns nicht richtig etablieren können. Sie werden hier nicht dauerhaft sesshaft, sondern halten sich höchstes ein paar Jahre. Eine weitere Gruppe von Arten kann sich nur in Gewächshäusern oder anderen warmen Stellen halten, aber nicht im Freiland. Ein sehr spektakuläres Beispiel sind südostasiatische Riesenkrabbenspinnen, auch Huntsman-Spinnen genannt. Diese oft über handtellergroßen Spinnen besiedeln gar nicht wenige tropische Gewächshäuser oder auch die Terrarienhäuser in Zoologischen Gärten. Da kann man dann die Besucher beobachten, wie sie mit wohligen Schauern die eingesperrten Vogelspinnen bewundern, während zwei Meter über ihnen ähnlich große Spinnen unerkannt frei umherlaufen.

  • Die aus Südostasien stammende asiatische Tigermücke (Aedes albopictus) profitiert vom Klimawandel, ist aggressiv und sehr anpassungsfähig. Dadurch breitet sie sich weltweit erfolgreich aus.

  • Nichts für schwache Nerven! Riesenkrabbenspinnen (Sparassidae) zählen zu den größten Spinnen der Welt und sind in tropischen Gebieten beheimatet. Durch Verschleppung breiten sich die großen Spinnen überall dort aus, wo die Winter nicht zu kalt zum Überleben sind. In Deutschland gibt es nur eine Art der Riesenkrabbenspinne.

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Bild A. albopictus: Animal Diversity Web / CC BY 2.0 Lizenz / Link zum Original

Bild Sparassidae: Jean and Fred / CC BY 2.0 Lizenz / Link zum Original

Zur dritten Gruppe dieser Neueinwanderer zählen Arten, die sich dauerhaft in Deutschland etablieren und auch ausbreiten können. Sie passen sich an und verhalten sich irgendwann wie eine einheimische Art. Hierfür gibt es auch ein sehr markantes Beispiel unter den Bienen. Es ist die Asiatische Blattschneiderbiene Megachile sculpturalis. Sie ist ein sehr auffälliger Vertreter der Wildbienen, weil Ihre Weibchen eine Körperlänge von bis zu 25 Millimetern erreichen. Damit zählen sie zusammen mit den Holzbienen und manchen Hummeln zu den größten Arten unserer Fauna. Die Asiatische Blattschneiderbiene stammt ursprünglich aus Ostasien und ist in Japan, China, Korea und Taiwan verbreitet. Neben Europa wurde sie inzwischen auch in den USA und Kanada eingeschleppt und verbreitet sich dort.

Die Imagines sind zwischen Juni und September aktiv. Die Art baut ihre Nester in verschiedene oberirdische Hohlräume vor allem in Totholz. In Wildbienenhotels werden nur Löcher mit sehr großen Durchmessern zwischen 8-10 Millimetern besiedelt. In den USA wurde auch beobachtet, dass die Blattschneiderbienen als Nachmieter in verlassenen Nestern von Holzbienen auftreten. Die einzelnen Brutzellen aus Harz gemörtelt, in das kleinen Holzteilchen und Lehm eingemischt werden. Die Weibchen versorgen jede Brutzelle wie die meisten übrigen Wildbiene auch einzeln mit Pollen, der in der auffälligen Bauchbürste von den Blüten ins Nest transportiert wird. In jede Brutzelle wird anschließend ein Ei gelegt. Die Weibchen benutzen ihre übergroßen Kiefer dafür, das Harz für de Nestbau zu sammeln. Im Englischen heißt die Art deshalb auch Riesen-Harzbiene (gigant resin bee). Die Larven überwintert in den Zellen, verpuppen sich im Frühjahr und die fertige Biene schlüpft dann im Frühsommer. Die Asiatische Blattschneiderbiene ist polylektisch, also nicht auf eine bestimmte Pollenquelle spezialisiert.

  • Eine Riesen-Harzbiene (Megachile sculpturalis) beim Blütenbesuch.

  • Eine Riesen-Harzbiene (Megachile sculpturalis) verschließt den Nesteingang mit Baumharz.

  • Eine Riesen-Harzbiene (Megachile sculpturalis) beim Blütenbesuch.

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Bild 1: Frank Vassen / CC BY 2.0 Lizenz / Link zum Original

Bild 2: Christa Rohrbach / CC BY-SA 2.0 / Link zum Original

Bild 3: Judy Gallagher / CC BY 2.0 Lizenz / Link zum Original

Der europäische Erstnachweis dieser bemerkenswerten Wildbiene geschah 2008 in der Nähe des Hafens von Marseille in Südfrankreich. Dort entdeckte ein Naturfotograf diese Blattschneiderbiene. Seither breitet sich stetig aus. 2015 entdeckte ebenfalls ein Naturfotograf das erste Tier in Deutschland. Die Art besuchte in Langenarten am baden-württembergischen Teil des Bodensees eine Nisthilfe. Seither gibt es zahlreiche weitere Meldungen aus weiten Teilen Baden-Württembergs und Bayerns. Es ist damit zu rechnen, dass sich die Art in Mitteleuropa nördlich der Alpen in den nächsten Jahren weiter ausbreitet.

Vermutlich wurde die durch Handelswaren in einer Schiffladung verschleppt. So könnten sich Nester in Bauholz oder an einem Container befunden haben. Diese wurden in Asien angelegt, die Tiere schlüpften dann nach der langen Reise in Frankreich und fanden dort geeignete Lebensbedingungen vor und etablierten sich. Es gibt keine Hinweise darauf, dass die Art negative ökologische Folgen auf die einheimische Wildbienenfauna haben wird. Solange ausreichend Blüten für die Nahrungsversorgung zur Verfügung stehen, wird sie zusammen mit vielen anderen Wildbienenarten im Einklang leben können. Da kaum andere Wildbienenarten solch große Nistdurchmesser besiedeln, tritt sie nicht einmal an Wildbienenhotels als Konkurrenz zu den einheimischen Arten auf.

Schon gewusst?

Die Asiatische Blattschneiderbiene ist eng mit der größten Biene der Welt verwandt, der Riesen-Blattschneiderbiene Megachile pluto. Diese Art wurde kürzlich auf den nördlichen Molukken in Indonesien wiederentdeckt, nachdem sie über mehrere Jahrzehnte als ausgestorben galt. Sie ist mit rund 40 mm fast doppelt so groß wie die schon sehr große Asiatische Blattschneiderbiene. Die 22 einheimischen deutschen Arten der Blattschneiderbienen bleiben noch deutlich kleiner und erreichen maximal 17 mm Körperlänge, die meisten Arten nur 15 mm.

Paul Westrich berichtet auf seiner Website detailliert über seine Beobachtungen zur Ausbreitung der Riesen-Harzbiene. Mehr Infos unter:

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