Wildbienen sind Vegetarier
Wildbienen sind die einzige Insektengruppe, die ihren Nachwuchs fast ausschließlich mit Pollen ernährt. Mit seinen Proteinen, Fetten, Vitaminen und Mineralstoffen liefert der Blütenstaub wichtige Nährstoffe für das Wachstum und die Entwicklung der Bienenlarven. Und die Kohlenhydrate des Nektars sorgen für die Energie, die eine erwachsene Biene unter anderem braucht, um zu schlüpfen und auszufliegen.
Wie Wildbienen sammeln
Um an den Pollen der Blüten zu kommen, haben Wildbienenweibchen verschiedene Methoden entwickelt. Die Körperbehaarung vieler Arten ist elektrostatisch aufgeladen und zieht den Pollen in der Blüte, der eine andere elektrische Ladung hat, an. Hummeln setzen mitunter ihre Flugmuskulatur ein: Dabei klammern sie sich an die Blüte und vibrieren heftig, was den Pollen aus der Blüte rüttelt – und ein stockendes, lautes Summgeräusch erzeugt.
Auch für den Transport haben Wildbienen verschiedene Techniken entwickelt. So sammeln Bauchsammlerbienen den Pollen mit einer speziellen Bauchbürste an ihrem Abdomen ein. Bei Beinsammlern haftet der Pollen an den sogenannten Schienenbürsten ihrer Hinterbeine. Bei der Wegwarten-Hosenbiene (Dasypoda hirtipes), zum Beispiel, sind diese Pollenhöschen deutlich zu erkennen – und nicht zuletzt namensgebend. Maskenbienen wiederum schlucken den Pollen und tragen ihn in ihrem Kropf zurück zum Nest. Dort würgen sie den Pollen wieder hoch und kleben ihn in die Brutkammern als Nahrung für die Larven.
Um ihre Nester ausreichend mit Pollen zu füllen, müssen Wildbienen oft ausfliegen: Für eine einzige Brutzelle braucht eine Biene manchmal Pollen von mehreren hundert oder gar tausend Einzelblüten.
Schon gewusst?
Natürliche Zapfsäule
Um an den Nektar zu kommen, müssen die Bienen nicht unbedingt in die Blüte klettern. Manche Arten, so etwa die kurzrüsselige Dunkle Erdhummel (Bombus terrestris), beißen sie von außen auf, um an den Nektar zu kommen. Das nennt man Nektarraub – dabei findet keine Bestäubung statt.
Wo Wildbienen sammeln
Viele Wildbienen sind Generalisten: Sie sammeln Pollen und Nektar von einer Vielzahl verschiedener Blühpflanzen und sind hierbei nicht auf bestimmte Arten angewiesen. Diese sogenannten polylektischen Wildbienenarten sind flexibel, was das Nahrungsangebot betrifft, und können sich daher an verschiedenen Standorten ansiedeln.
Andere Wildbienen haben ganz besondere Ansprüche. Oligolektische Wildbienen sammeln nur den Pollen einer begrenzten Anzahl von Pflanzenfamilien oder -gattung, im Extremfall nur an einer einzigen Pflanzenart. Das ist natürlich riskant: Wenn die spezifischen Pflanzen selten werden oder sich ihre Blühzeiten aufgrund von Umweltveränderungen verschieben, wird es für diese Bienen schwierig bis unmöglich, Nahrung zu finden.
Etwa 30 Prozent aller in Deutschland vorkommenden Arten sind derart spezialisiert und auf bestimmte Blüten angewiesen. Ohne ihre spezifische Pollenquelle können sich diese Wildbienenarten nicht entwickeln. So sammelt die Glockenblumen-Scherenbiene (Chelostoma rapunculi) ausschließlich Pollen von Glockenblumen (Campulaceae) und nah verwandten Gattungen und die Luzerne-Sägehornbiene (Melitta leporina) ausschließlich an Schmetterlingsblütlern (Fabaceae).
Zu den Arten, die nur eine gewisse Gattung bevorzugen, gehört die Weiden-Sandbiene (Andrena vaga). Sie ist auf Weiden spezialisiert und nutzt damit nur den Pollen der Pflanzengattung Salix (Salicaceae) für die Brutversorgung. Die wichtigste Pollenquelle ist dabei die früh blühende Sal-Weide (Salix caprea).
Ist die Spezialisierung besonders streng, spricht man von Monolektie. Die Zaunrüben-Sandbiene (Andrena florea), zum Beispiel, sammelt ihren Pollen ausschließlich an Zaunrüben (Bryonia alba und B. dioica). Und auch umgekehrt gibt es Abhängigkeiten: Viele Pflanzen sind auf bestimmte Bestäuber spezialisiert und könnten sich ohne sie nicht vermehren.
Übrigens: Wenn eine oligolektische Bienenart auf einer anderen Pflanze sitzt, statt auf der, auf die sie spezialisiert ist, hat sie sich nicht vertan: Bienenmännchen, die (wie Kuckucksbienen) keinen Pollen für die Brut sammeln müssen, trifft man auf vielen verschiedenen Pflanzen an. Beim Nektar sind die Tiere nämlich nicht so wählerisch. Er ist sozusagen das Flugbenzin der Insekten und dient der Eigenversorgung. Er enthält Zucker, die Kohlenhydrate liefern Energie.