Wildbiene des Monats Juni 2023: Die Östliche Zwergwollbiene

Wollbienen sind weniger weich als ihr Name suggeriert: ihr oberseitig unbehaarter, gelb-schwarzer Hinterleib erinnert auf den ersten Blick weniger an eine Biene, als an eine schwarz-gelbe Wespe. Ihre Statur ist allerdings deutlich gedrungener, und auf den zweiten Blick verrät ihr dicht behaarter Bauch, dass es sich um eine Wildbiene aus der Gruppe der Bauchsammler handelt. Wollbienen heißen sie deshalb, weil die Weibchen ihre Nester sorgfältig mit weicher Pflanzenwolle auskleiden.

Die Östliche Zwergwollbiene (Pseudoanthidium nanum), auch Distel-Wollbiene oder Stängel-Wollbiene genannt, ist eine der kleinsten Vertreterinnen aus der Gruppe der Woll- und Harzbienen und wird häufig übersehen. Sie hat einen schwarzen, gedrungenen Körper mit charakteristischen gelb-weißen Flecken an Hinterleib und -kopf. Die Bauchbürste der Weibchen ist weiß. Ihre Schienen sind rötlich-gelb gefärbt, während die der Männchen eine eher gelbliche Färbung haben.

  • Die Östliche Zwergwollbiene gehört zu den Bauchsammlern. Anhand der weißen Bauchbürste lassen sich die Weibchen gut von den Männchen unterscheiden.

  • Charakteristisch sind außerdem die gelblich-weißen Zeichnungen an dem sonst schwarzen Körper.

  • Männchen haben gelbliche Schienen, während die der Weibchen eher rötlich gefärbt sind.

  • Ihren Pollen sammelt die seltene Art an Korbblütlern, wie Disteln oder Flockenblumen.

  • Wer besonders aufmerksam ist, kann die Östliche Zwergwollbiene auch an Pflanzenstängeln beobachten, an denen sie sich zum Schlafen festbeißt.

Credit und Copyright:

Bild 1, 4 und 5 / Titelbild: Sophie Lokatis / Deutsche Wildtier Stiftung

Bild 2 und 3: USGS Bee Inventory and Monitoring Lab

Biologie der Östlichen Zwerg-Wollbiene (Pseudoanthidium nanum)

  • Familie

    Megachilidae (Bauchsammlerbienen)

  • Körpergröße

    6 – 8 Millimeter

  • Flugzeit

    Die Art fliegt in einer Generation (univoltin) von Ende Juni bis Mitte August.

  • Verbreitung

    P. nanum ist die häufigste Art der Gattung und war in Deutschland ursprünglich vor allem im Südwesten verbreitet. Früher war sie in Ostdeutschland selten, doch inzwischen hat sich die expansive Art von Südwesten her in den neuen Bundesländern stark ausgebreitet. Aktuell ist sie bis Berlin in geeigneten Lebensräumen vergleichsweise häufig. Im Norden hat sie 2022 aktuell Hamburg erreicht, in Bayern ist sie punktuell verbreitet, während Nachweise aus Nordwestdeutschland noch ausstehen. In Deutschland kommt nur noch eine weitere Art der Gattung vor, die Salzsteppen-Wollbiene P. tenellum. Sie ist nur in einem sehr kleinen Gebiet im südlichen Sachsen-Anhalt verbreitet.

  • Nistweise

    Pseudoanthidium nanum besiedelt offene, warme und trockene Lebensräume, in denen sie geeignete Niststrukturen und Pollenquellen findet. Sie nistet linienförmig in abgestorbenen Stängeln und Zweigen von Disteln, Königskerzen, Brombeeren, Holunder und Schilf, wobei sie Stängel und Zweige bevorzugt (und möglicherweise ausschließlich annimmt), die bereits von anderen Insekten ausgefressen bzw. ausgehöhlt wurden. Auch die verlassenen Gallen verschiedener Eichengallwespen (Cynips spec.) werden als Nistplatz angenommen.

    Zwergwollbienen kleiden ihre Nester mit Pflanzenwolle aus. Diese sammeln sie an den Blättern und Stängeln dicht behaarter Pflanzen, etwa bei Ziest oder Königkerzen. Die Brutzellen werden mit Pollen von Korbblütlern, insbesondere Disteln und Flockenblumen gefüllt.

    Nester von Pseudoanthidium nanum in einem Rosenzweig (oben) und verlassenen Eigengallen (unten). Aus: Bogusch, P., Marešová, P. H., Astapenková, A., & Heneberg, P. (2022). Nest structure, associated parasites and morphology of mature larvae of two European species of Pseudoanthidium Friese, 1898 (Hymenoptera, Megachilidae). Journal of Hymenoptera Research, 92, 285-304.

  • Ernährung

    Die Art sammelt ausschließlich den Pollen von Korbblütlern (Asteraceae), und hier besonders auf Disteln und Flockenblumen.

Pflanzenarten, die für die Östliche Zwergwollbiene als Pollenquelle nachgewiesen wurden:
FamilieDeutscher NameBotanischer Name
Korbblütler (Asteraceae)Weg-DistelCarduus acanthoides
Wiesen-FlockenblumeCentaurea jacea
Skabiosen-FlockenblumeCentaurea scabiosa
Rispen-FlockenblumeCentaurea stoebe
Gewöhnliche KratzdistelCirsium vulgare
Gewöhnliche EselsdistelOnopordum acanthium
  • Kuckucksbienen

    Als Kuckucksbienen parasitieren die Düsterbienen Stelis ornatula, Stelis signata und Stelis punctulatissima bei der Östlichen Zwergwollbiene.

  • Gefährdung und Schutz

    Die Art ist in Deutschland selten und wird in der Roten Liste als gefährdet eingestuft. Regional wird sie in einigen Bundesländern als ausgestorben und verschollen (Brandenburg) oder vom Aussterben bedroht (Berlin) geführt, während sie in vielen west- und norddeutschen Bundesländern nicht vorkommt. Beobachtungen deuten darauf hin, dass sie in östlichen Bundesländern wie Sachsen, Brandenburg und Berlin seit wenigen Jahren häufiger wird, und wurde vor kurzem auch in Westdeutschland nachgewiesen (Nordrhein-Westfalen, 2021). Sogar in den USA hat sie ein Vorkommen. In Hinblick auf ihre Ausbreitung dürften die Roten Listen in Zukunft also aktualisiert werden.

Was können Sie tun?

Zwergwollbienen können unterstützt werden, indem abgestorbene Pflanzen, insbesondere Königskerzen oder Brombeeren über mehrere Winter stehen gelassen werden. Lassen Sie etwas Wildnis in Ihrem Garten zu und sorgen Sie dafür, dass ausreichend Pollen in Form von Korbblütlern wie Flockenblumen und Disteln vorhanden ist.