Der Bienenherbst – späte Vielfalt

Spätestens im September neigt sich die Vegetationsperiode ihrem Ende zu. Die Herbst steht unmittelbar bevor, das Laub wird sich bald verfärben und abfallen. Die Pflanzen und Tiere stellen sich auf den Winter ein. Dennoch zeigen viele Gärten um diese Jahreszeit noch eine immense Blütenpracht.

Insbesondere Astern und andere Korbblütler laufen jetzt zur Höchstform auf und verwandeln die Gärten in bunte Blütenmeere. Auch bei den Sträuchern finden sich noch einige sehr attraktive Spätblüher. Sommerflieder, Heidekraut oder Efeu  haben jetzt ihre Zeit und bieten vor allem vielen Insekten Pollen und Nektar als  notwendige Nahrung an.

Auch manche Wildbienen haben sich auf diesen reich gedeckten Tisch eingestellt. Sie erscheinen erst jetzt, im Spätsommer. Eines der prominentesten Beispiele ist die Efeu-Seidenbiene Colletes hederae. Diese Art wurde erst 1993 überhaupt der Wissenschaft bekannt und von zwei Forschern nach Tieren aus Oberitalien beschrieben. Zuvor wurde sie mit einer anderen Art vermengt. Kurze Zeit später wurde die Efeu-Seidenbiene erstmalig in Deutschland nachgewiesen und breitete sich Anfangs vor allem in der nördlichen Oberrheinebene in Rheinland-Pfalz aus. Doch bereits kurze Zeit später expandierte sie und eroberte in Deutschland ein immer größeres Verbreitungsareal. Derzeit ist sie im Norden bis fast an die Küste vorgedrungen. Dabei profitiert sie ganz eindeutig vom Klimawandel, weil sich die wärmeliebene Art bei den steigenden Temperaturen gut fortpflanzen kann.

Die Efeu-Seidenbiene hat ihren Namen von ihrer deutlichen Präferenz für Efeublüten, die im Spätsommer ihre Hauptnahrungsquelle darstellen. Dort kann man sie mitunter in großer Anzahl auf den Blüten beobachten. Die etwa honigbienengroßen Tiere sind durch die durchgehenden hellen Binden auf dem Hinterleib gut charakterisiert. Doch die Art besammelt auch viele andere Blüten, vor allem Korbblütler wie die Kanadische Goldrute. Dies tut sie vor allem dann, wenn sie vor der Blütezeit des Efeus erscheint. Efeubienen nisten gerne in Steilwänden und bilden dort oft sehr große Nistaggregationen aus, die mehrere Hundert bis Tausende von Tieren umfassen können. Diese legen ihre Nester dort Tür an Tür an, leben aber einzeln und bilden keine Staaten. Die Art ist auch in Gärten zu finden, wenn dort ausreichend Efeu wächst.

  • Efeu-Seidenbiene (Colleres hederae) beim Pollensammeln an Efeu

  • Heidekraut (Calluna vulgaris) blüht bis in den Oktober hinein

Credit und Copyright:

Bild 1. Christian Schmid-Egger

Bild 2. Andreas Rockstein / CC BY 2.0 Lizenz / Link zum Original

Neben der Efeu-Seidenbiene gibt es eine weitere, sehr nahe verwandte Spätsommerart, die sich auf Heidekraut spezialisiert hat. Man findet die Heidekraut-Seidenbiene auf Besenheide (Calluna) und Erika-Heide, sofern es in der Nähe sandigen Boden gibt, in dem sie nisten kann. Diese Art ist vor allem in großen Sandheiden in Nord- und Ostdeutschland zu finden, sie verirrt sich eher selten in Gärten. Die dritte Art aus dieser Artengruppe ist noch exotischer in der Wahl ihrer Lebensräume und Nahrungspflanzen. Es ist die Strandaster-Seidenbiene, die ausschließlich in den Dünen der Nordseeküste lebt und, wie der Name schon sagt, den Pollen von Strandastern sammelt. Sie ist in Deutschland sehr selten und weltweit auf die Nordsee- bzw. Atlantikküste von Dänemark bis Frankreich sowie England beschränkt.

Doch nicht nur diese hoch spezialisierten Arten nutzen den Herbstgarten oder entsprechende Wildpflanzen. Auch bei anderen Wildbienenarten gibt es zu dieser Jahreszeit noch viel Aktivität. Eine zahlenmäßig sehr stark vertretene Gruppe sind die Männchen der Furchenbienen. Diese erscheinen bei fast allen Arten erst im Sommer und sind bis in den Herbst hinein aktiv. Man kann Vertreter dieser artenreichen Gruppe in vielen Gärten beobachten. Es handelt sich um sehr schlanke kleine Bienen mit sehr langen Fühlern. Sie halten sich sehr gerne auf Korbblütlern auf, wo sie sehr leicht an den Nektar gelangen. Pollen sammeln sie wie alle Bienenmännchen nicht. Auch Hummeln sind um diese Jahreszeit noch sehr aktiv. Meist sind es Jungköniginnen, die sich hier Nahrungsreserven für die Überwinterung anfressen, oder Hummelmännchen. Letztere vertreiben sich dort meist nur ihre Zeit, weil sie nach der Begattung keine Funktion mehr haben und nicht überwintern werden.

Alle diese Arten und darüber hinaus auch viele andere Insekten wie Schmetterlinge, Fliegen oder Käfer benötigen daher bis in den Oktober hinein ein reiches Blütenangebot, um sich noch fortzupflanzen oder einfach nur die Überwinterung vorzubereiten. Daher sollten Sie spät blühende und insektenfreundliche Pflanzen in ihrem Garten unbedingt fördern. Die bunte Pracht ist zudem auch für das Auge sehr schön.