Gestutzte Fleckenbiene
Die Gestutzte Fleckenbiene (Thyreus truncatus) wurde hierzulande erst vor wenigen Jahren erstmals nachgewiesen. Ihr Name verrät bereits einiges über ihr markantes Aussehen. Doch nicht nur optisch, sondern auch durch ihre Lebensweise als Kuckucksbiene gehört sie zu den ganz besonderen Wildbienenarten in Deutschland.
Auffällig, selten und ganz schön raffiniert
Die Gestutzte Fleckenbiene Thyreus truncatus ist eine mittelgroße Bienenart, die zur Familie der Apidae gehört. Sie zählt zu den sogenannten Kuckucksbienen – das bedeutet: Sie baut keine eigenen Nester, sondern legt ihre Eier in die Nester anderer Bienenarten. Im Fall der Gestutzten Fleckenbiene ist das die Langhornbiene Eucera dentata.
Fleckenbienen sind typische Hochsommerarten, man begegnet ihnen fast ausschließlich im Juli und August. Da sie keine eigenen Nester besitzen, schlafen sie nachts nicht in Hohlräumen oder Erdlöchern. Stattdessen verharren sie freihängend an Pflanzen, indem sie sich mit ihren kräftigen Mandibeln (Kieferzangen) an Stängeln oder Blättern festbeißen.
Mit ihrem tiefschwarzen Körper und den auffälligen weißen Haarflecken ist Thyreus truncatus leicht von anderen Bienenarten zu unterscheiden – zumindest auf den ersten Blick. Sie ähnelt äußerlich sehr Vertretern der Gattung Melecta (Trauerbienen), mit denen sie auch nah verwandt ist.
Die Weibchen tragen im Gesicht eine rein weiße Behaarung, und auch die dunkel getönten Flügel sind auffällig. Die Männchen sehen den Weibchen sehr ähnlich. Namensgebend für die Art ist hier abgestutztes Hinterleibsende. Daneben lassen sie sich im Gelände nur schwer von anderen Thyreus-Arten zu unterscheiden; zumeist hilft nur ein Größenvergleich.
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Die Gestutzte Fleckenbiene (Thyreus truncatus) ist eine typische Hochsommerart.
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Mit ihrer schwarz-weißen Zeichnung lassen sich Fleckenbienen gut von den meisten anderen Wildbienenarten unterscheiden.
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Lediglich mit Vertretern der Gattung Melecta (Trauerbienen) besteht Verwechslungsgefahr. Beide Gattungen gehören außerdem zu den Kuckucksbienen.
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Da sie kein eigenes Nest haben, schlafen die Tiere häufig freihängend an Pflanzen, indem sie sich mit ihren kräftigen Kieferzangen festbeißen.
Steckbrief
Familie
Apidae
Körpergröße
9 – 13 Millimeter
Flugzeit
Juli – August
Verbreitung
Das ursprüngliche Verbreitungsgebiet der Gestutzten Fleckenbiene reicht vom Mittelmeerraum bis nach Zentralasien. Sie ist hier vom Flachland bis in die kolline Höhenstufe zu finden.
In Mitteleuropa gilt die Art als Seltenheit – in Deutschland wurde sie erst im Jahr 2022 in Brandenburg nachgewiesen.
Nistweise
Die Gestutzte Fleckenbiene bevorzugt trockene, warme Lebensräume im Tiefland, etwa Ruderalflächen, Trockenrasen, Steppenlandschaften oder Weinberge, wo auch ihr Wirt vorkommt.
Wie alle Brutparasiten legt die Art nämlich keine eigenen Nester an. Stattdessen schleicht sich das Weibchen in das Nest ihrer Wirtsbiene, sobald diese gerade nicht anwesend ist. Es wartet in der Nähe des Nesteingangs und nutzt dann einen unbeobachteten Moment, um zu den verschlossenen Brutzellen vorzudringen. Diese sticht es mit dem Hinterleib auf, legt ein eigenes Ei hinein und verschließt die Zelle wieder mit Erde. Die Larve der Kuckucksbiene schlüpft früher als die des Wirts und frisst deren Pollenproviant auf.
Die Flugzeit der adulten Tiere reicht in einer Generation von Juli bis August.
Ernährung
Für den Nektar besuchen erwachsene Tiere eine Vielzahl unterschiedlicher Blühpflanzen, wie beispielsweise Lippenblütler (Lamiaceae) oder Raublattgewächse (Boraginaceae).
Als Brutparasiten sammeln die Fleckenbienen-Weibchen keinen eigenen Pollen – ihre Nachkommen ernähren sich von dem Pollenvorrat ihrer Wirtsart. Diese wiederrum ist oligolektisch und sammelt fast ausschließlich an Korbblütlern (Asteraceae), insbesondere Flockenblumen und Disteln.
Wirtsbienen
Als alleiniger Wirt war bisher die Pelzbiene Amegilla garrula bekannt. Ihr Verbreitungsgebiet liegt allerdings weit entfernt von dem Fundort der Gestutzten Fleckenbiene in Ostdeutschland. Aufgrund ihrer Größe und des Auftretens geht man daher aktuell von der Flockenblumen-Langhornbiene Eucera dentata (syn. Tetralonia dentata) als Wirt aus.
Gefährdung und Schutz
Da Thyreus truncatus in Deutschland erst kürzlich entdeckt wurde, wird sie noch nicht auf der aktuellen Roten Liste geführt. Dennoch gilt sie hierzulande als extrem selten und daher als potenziell gefährdet. In der Schweiz wurde sie 2024 bereits als kritisch gefährdet eingestuft.
Wie alle Wildbienen steht auch diese Art unter besonderem gesetzlichen Schutz.
Was kann jeder Einzelne tun?
Da Kuckucksbienen wie Thyreus truncatus nur dort vorkommen können, wo auch ihre Wirtsarten leben, lässt sich ihr Schutz am besten indirekt erreichen: indem man gezielt die Lebensbedingungen der Langhornbiene Eucera dentata verbessert. Diese nistet bevorzugt in offenen, sandigen Böden – wer im Garten oder auf dem Balkon kleine, vegetationsarme Stellen mit lockerem Substrat schafft, kann der Wirtsbiene wichtige Nistmöglichkeiten bieten. Auch die passende Pflanzenwahl spielt eine entscheidende Rolle. Da Eucera dentata auf Korbblütler spezialisiert ist, sind heimische Blühpflanzen wie Flockenblumen oder Disteln besonders wertvoll. Aber auch für Thyreus truncatus, die als erwachsene Biene Nektar von verschiedenen Pflanzen nutzt, ist eine vielfältige Blütenlandschaft wichtig. Generell gilt: Je naturnäher und abwechslungsreicher ein Garten gestaltet ist, desto mehr Wildbienenarten – einschließlich ihrer Brutparasiten – finden dort Nahrung und Lebensraum. Schon kleine Maßnahmen können einen bedeutenden Beitrag zum Schutz dieser seltenen und hochspezialisierten Art leisten.