Friedhöfe im Wandel

Friedhöfe sind wichtige Zufluchtsorte für Wildtiere und bewahren oft ein Stück Natur in der Stadt. Durch das Anlegen von Wildblumenwiesen fördert die Deutsche Wildtier Stiftung hier gezielt die Artenvielfalt von Wildbienen und anderen Bestäubern.

Förderung der Artenvielfalt

Es gibt in der Stadt versteckte Orte, von denen man auf den ersten Blick nicht denkt, dass sie wichtige Lebensräume für viele Tiere und Pflanzen darstellen. Dazu gehören auch Friedhöfe. Sie sind nicht nur oft die letzte Ruhestätte des Menschen, sondern tragen auch zum Erhalt der Artenvielfalt von Flora und Fauna im urbanen Raum bei. Für die Förderung von Wildbienen und anderen Bestäubern wurden durch die Deutsche Wildtier Stiftung auf Friedhöfen in den Projektregionen Berlin und Hamburg Blühflächen und Niststrukturen angelegt. Einer dieser Friedhöfe liegt in Ohlsdorf und ist mit knapp 400 Hektar Fläche der größte Parkfriedhof der Welt. Hier bietet ein Wildbienenrundgang der Stiftung weitere Informationen und Illustrationen zum Thema.

  • Im September 2021 wurde auf dem Ohlsdorfer Friedhof ein Wildbienenlehrpfad
    bestehend aus neun Informationsstelen, einem Naturgarten, verschiedenen Wildblumenwiesen und einer großen Nisthilfe angelegt. Foto: Timo Schönfelder

  • Für die Bepflanzung der Blühflächen werden gebietsheimische und standörtlich angepasste Pflanzenarten verwendet. Foto: T. Bluth

  • Der Wildbienenrundgang über den Friedhof Ohlsdorf in Hamburg. Foto: J. M. Kolster

  • Die Friedhofsanlage am Koppelweg im Bezirk Berlin-Neukölln wurde für Wildbienen und andere bestäubende Insekten aufgewertet. Foto: T. Bluth


    Veränderung als Chance

    Der Flächenbedarf von Friedhöfen wird immer geringer, da Sargbestattungen seltener werden und sich immer mehr Menschen für alternative Bestattungsformen wie Urnenbestattung, Friedwald, Seebestattungen oder innovative Varianten wie Diamant- oder Weltraumbestattungen entscheiden.

    In Berlin wurde dieser Wandel aufgegriffen und im Jahr 2006 ein Friedhofsentwicklungsplan (FEP) vom Senat beschlossen, in dem über 1000 Hektar Friedhofsflächen in Berlin einbezogen sind. Rund 72 Prozent der Flächen sollen erhalten bleiben, 20 Prozent zu Grünfläche, Wald oder Friedhofspark umgestaltet und 8 Prozent anders genutzt werden, unter anderem für Wohnungsbau.

    Die Umgestaltung zu Grünfläche, Wald und Park leistet als weiterhin unversiegelte Fläche mit Bäumen, Sträuchern und Wiesen einen wichtigen Beitrag zum Stadtklima und liefert bei naturnaher Planung wertvolle Strukturen für Wildtiere. Bäume und Sträucher dienen als Jagd- und Nistmöglichkeiten für Vögel. Dazu gehören Habicht, Sperber, Uhu, aber auch Rotkehlchen, Eichelhäher oder Buntspecht. Neben anderen Tieren, wie Fuchs, Igel und Eichhörnchen, fühlen sich auch Fledermäuse auf Friedhöfen wohl, da diese in der Nacht oft dunkel bleiben und sie über weitläufigen Grabstätten und Wiesen Nachtfalter jagen können. Wilde Ecken und Benjeshecken können Versteckmöglichkeiten und Überwinterungsorte für Kleinsäuger, Eidechsen und Singvögel darstellen.

    • Bäume wie alte Eichen sind auf Friedhöfen wichtige Rückzugsorte für viele Tierarten. Foto: J. Michalski

    • Füchse halten keinen Winterschlaf oder Winterruhe, sie lassen sich ein dickes Winterfell wachsen und sind im Januar und Februar während ihrer Partnersuche besonders in der Stadt öfters mal zu sehen. Foto: J. Michalski

    • Krokusse und andere Frühblüher bieten schon zeitig im Frühjahr Pollen und Nektar für Bestäuber. Foto: J. Michalski

    • Totholz wird von zahlreichen Insekten als Nahrung und Nistplatz genutzt. Foto: J. Michalski

    • Totholzhecken, auch Benjeshecken genannt, bieten Lebensräume für Tiere wie Vögel, Igel und Eidechsen. Foto: J. Michalski

      Für Wildbienen und andere Bestäuber sind gezielt angelegte Wildblumenwiesen eine wichtige Nahrungsquelle, aber auch andere Bereiche auf Friedhöfen können für sie wertvoll sein. Ungemähte Teilflächen mit alten Pflanzenstängeln, offene sandige Bodenstellen und Totholz in der Umgebung der Blühflächen bieten geeignete Nistmöglichkeiten und fördern so zusätzlich die Artenvielfalt. Eine insektenfreundliche Bepflanzung von Grabstätten mit heimischen Stauden stellt weiteren Pollen und Nektar als Nahrung bereit. Mittlerweile findet man auch Urban Gardening auf Friedhöfen, was für Insekten ökologisch wertvoll sein kann. Wenn Pflanzen wie Kohl, Fenchel und Kräuter auch mal zur Blüte kommen, können sie als Nahrungspflanzen für ihren Pollen und Nektar besucht werden oder auch als Raupenfutterpflanzen von Faltern dienen.

      Durch naturnahe Pflege, die Förderung von insektenfreundlichen Blühpflanzen und vielfältigen Strukturen entwickeln sich Friedhöfe zu Hotspots der biologischen Vielfalt. So vereinen sie Erinnerungskultur und Artenschutz auf besondere Weise.

      © Wildbienen