Solitäre Wildbienen

Über 90 Prozent der Wildbienen sind Einzelgänger. Sie leben solitär – und nicht etwa in einem Bienenstock wie die Honigbiene. Bis auf wenige Ausnahmen bauen Wildbienenweibchen ihre Nester jedes für sich – so etwa die Mauerbienen. Ein Weibchen kann etwa 30 Eier legen. Jedes Ei bekommt eine eigene Kammer, die säuberlich durch eine Wand aus Lehm und Speichel von der nächsten abgetrennt und mit einem Brei aus Pollen und Nektar gefüllt wird. Dabei stellt die Biene immer erst eine Zelle fertig, bevor sie mit der nächsten beginnt. Die erste und die letzte Brutzelle bleiben leer. Sie dienen als Puffer gegen Plünderer wie Vögel. 

Bienen können wählen, ob sie befruchtete oder unbefruchtete Eier legen und so über das Geschlecht der Nachkommen entscheiden. Wenn sie das Nest bauen, legen sie befruchtete weibliche Eier in die ersten Kammern, danach männliche. Entsprechend schlüpfen im Frühjahr die Männchen zuerst und warten direkt am Nest auf die Weibchen. Kurz nach der Paarung sterben die Männchen, die Weibchen beginnen sofort mit dem Nestbau. Nach nur wenigen Wochen ist dann auch ihr Wildbienenleben zu Ende. Die Eier entwickeln sich im Nest zu Larven, dann zu Puppen mit Kokon, um als fertige Bienen bis zum nächsten Frühjahr zu überwintern. Dann fliegen sie aus – und der Kreislauf beginnt von vorn.

Volk mit Königin

Die Hummeln und wenige Arten der Furchenbienen bilden einjährige Völker mit einer Königin aus. Nur die befruchtete Königin überwintert und gründet im Frühjahr ein Nest. Je nach Hummelart kommen dafür Mäuselöcher, Totholzhaufen, hohle Baumstämme, Steinspalten oder Vogelnistkästen in Frage.

Dort baut sie Waben aus Wachs, allerdings nicht sechseckig wie die Honigbienen, sondern runde Fässchen für ihre Larven und den gesammelten Nektar und Pollen. Nach einigen Wochen schlüpfen die Arbeiterinnen und helfen der Königin: Sie bewachen das Nest, sammeln Pollen und Nektar und füttern die Brut. Die Hummelkönigin bleibt jetzt bis zum Ende ihres Lebens im Nest, um Eier zu legen. In ihrem einjährigen Leben legt sie bis zu 1000 Eier.

Aus den Eiern, die sie ab dem Frühjahr gelegt hat, schlüpfen im Juni und Juli sowohl die Jungköniginnen als auch die Drohnen, deren einzige Aufgabe es sein wird, die Jungköniginnen zu befruchten. Das Volk kann jetzt aus bis zu 600 Tieren bestehen.

Im Herbst stirbt das gesamte Volk mit der alten Königin ab. Nur die befruchteten Jungköniginnen ruhen in frostgeschützten Verstecken bis zum nächsten Frühjahr – in Kompost- oder Laubhaufen, Mauselöchern oder auch alten Maulwurfsgängen. Doch nur eine von zehn Königinnen wird den Winter überleben und im nächsten Jahr einen neuen Staat gründen. Dann beginnt das Hummeljahr von Neuem.

Anders als die solitär lebenden Wildbienenweibchen, die pro Saison durchschnittlich drei bis sechs Wochen aktiv sind, brauchen die sozialen Arten die gesamte Vegetationsperiode, um Nachkommen zu erzeugen.

Schon gewusst?

Königinnen sind früh dran

Jede Hummel, die Ihnen im März vor die Nase fliegt, ist eine Königin! An außergewöhnlich warmen Tagen lassen sich schon ab Februar die ersten Hummelköniginnen, meist die Dunkle Erdhummel (Bombus terrestris), auf der Suche nach einem geeigneten Nistplatz und an den ersten Frühjahrsblüten beobachten.

Kuckucksbienen

Rund ein Viertel aller Wildbienen in Deutschland bauen keine eigenen Nester, sondern nutzen die der anderen. Gleich einem Kuckuck schleicht sich das Parasitenweibchen in ein fremdes Wildbienennest und legt sein Ei auf das Larvenbrot, bevor die Wirtsbiene das Nest verschließt. Die Kuckuckslarve frisst den Pollenvorrat auf und schlüpft im Folgejahr anstelle der Wirtslarve. Letztere verhungert.

Da Kuckucksbienen keinen Pollen sammeln, brauchen sie keine besonderen Vorrichtungen, um ihn zu transportieren. Im Gegensatz zu vielen anderen Bienenarten sind sie daher nur wenig behaart. Stattdessen besitzen sie oft andere Werkzeuge, die ihnen helfen, ihre Eier in fremde Nester zu schmuggeln. So kann beispielsweise die Langschwanz-Kegelbiene (Coelioxys elongata) mit ihrem kegelförmigen Hinterleib die Hülle von Brutzellen durchstechen, um ihre Eier darin abzulegen.

Auch bei den Hummeln gibt es Kuckucksbienen. In Deutschland sind neun Arten bekannt. Sie leben als Einzelgänger, suchen sich ein Wirtsvolk und dringen in dessen Nester ein. Da sie selbst keinen Pollen sammeln können, sind sie auf die Arbeiterinnen ihrer Wirtskönigin angewiesen, die sich dann um den Nachwuchs der Kuckuckshummel kümmern müssen.

  • Die Kegelbiene Coelioxys afra parasitiert an verschiedenen Blattschneiderbienen (Megachile sp.). © S. Lokatis

  • Die parasitischen Blutbienen (Sphecodes sp.) erkennt man an ihrem leuchtend roten Hinterleib. © S. Lokatis

  • Die Greiskraut-Wespenbiene (Nomada flavopicta) ist ein Brutparasit bei verschiedenen Sägehornbienenarten (Melitta sp.) © S. Lokatis

  • Weibchen der Trauerbiene (Melecta albifrons) legen ihre Eier in die Nester von Pelzbienen. © C. Künast

    Im Nest frisst die Kuckuckshummel meist auch die Eier ihrer Wirtskönigin, während sie selbst Eier legt. Sie erzeugt keine Arbeiterinnen, sondern nur Geschlechtstiere, die von den Arbeiterinnen der Wirtsart großgezogen werden. Das Hummelvolk wird durch den Eindringling zwar geschwächt, überlebt aber meistens. Nur selten tötet die Kuckuckshummel ihre Wirtskönigin. Vielmehr dominiert sie diese – spezielle Duftstoffe helfen ihr dabei.

    Alle Kuckucksarten sind hoch spezialisiert und parasitieren meist nur wenige oder nur eine einzige Wirtsbienenart. Äußerlich unterscheiden sich die Kuckucksbienen kaum von denen, auf die sie es abgesehen haben. So lässt sich etwa die Felsen-Kuckuckshummel (Bombus rupestris) äußerlich kaum von ihrer Wirtsart, der Steinhummel (Bombus lapidarius), unterscheiden.

    Kuckucksbienen machen einen wesentlichen Anteil unserer heimischen Wildbienenarten aus und auch wenn sie andere Bienen schädigen: Sie sind ebenso schützenswert und wichtig für die Biodiversität wie nestbauende Bienenarten.

    Schon gewusst?

    Bienen kuscheln

    Eine kleine Gruppe von Wildbienen ist dafür bekannt, dass ihre Männchen Schlafgemeinschaften bilden. Zu Dutzenden kommen sie auf Pflanzen zusammen, um gemeinsam die Nacht zu verbringen. So etwa die Luzerne-Sägehornbiene, deren Gattungsname Melitta viele Menschen hingegen eher mit Wachwerden in Verbindung bringen

    Fotos: © Sophie Lokatis, Pixabay / manfredrichter, Tom Bluth, Pixabay/kie-ker; Illustrationen: © Chad Ochs