Verlierer des Klimawandels

Der Klimawandel wirkt sich sehr unterschiedlich auf unsere Fauna und Flora aus. Während zahlreiche Arten deutlich davon profitierten (zum Beitrag), zählen andere eindeutig zu den Verlierern. Doch warum werden Arten überhaupt durch den Klimawandel geschädigt? Dafür gibt es mehrere Ursachen.

Sehr gravierend wirken sich die steigenden Temperaturen auf Tiere der Alpen aus. Ein Beispiel ist die Alpenhummel, Bombus alpinus. Sie lebt auf alpinen Wiesen und Matten oberhalb von 2000 Metern und ist gut an das Leben in diesen Höhen angepasst. Konkurrenz durch Flachlandarten brauchte sie bisher nicht zu fürchten, weil diese kaum in solche Höhen vordrangen. Das ändert sich gerade. Andere Hummelarten, zum Beispiel die Steinhummel, können durch die steigenden Durchschnittstemperaturen ebenfalls in diese Höhen vordringen. Dort treten sie sehr zahlreich auf und fressen den Alpenhummeln und anderen spezialisierten Alpenarten schlicht und einfach die Nahrung weg. Die alpinen Hummelarten können jedoch nicht nach oben in kältere Regionen ausweichen, weil es dort keine Nahrungspflanzen mehr gibt. Experten gehen davon aus, dass die Alpenhummel in wenigen Jahrzehnten ausgestorben sein wird.

Ein möglicher Verlierer des Klimawandels: Die Alpenhummel. Foto: Arnstein Staverløkk (2013) / CC BY 3.0 (Link zum Original)

Das gleiche Phänomen ist auch außerhalb der Alpen zu beobachten. Im bayerischen Wald erbrachte eine großangelegte Untersuchung (noch unveröffentlicht), dass sich die Areale vieler Wildbienen von 2006 bis 2016 um mehrere Hundert Höhenmeter nach oben verschoben haben. Schon jetzt ist erkennbar, dass einige einstmals in Deutschland sehr häufige Bienenarten extrem selten geworden sind. Diese betrifft beispielsweise die beiden Schmalbienenarten Lasioglossum albipes und L. fulvicorne, beide Bewohner kühl-feuchter Habitate.

Doch auch manche Arten trockener und warmer Habitate sind zunehmend durch den Klimawandel bedroht. Viele Pflanzenarten leiden stark unter der starken Sommertrockenheit und vertrocknen im Sommer sehr rasch. Sie bilden kaum noch Nektar und Pollen aus. Im Osten Österreichs betrifft dies zum Beispiel die Sibirische Glockenblume, einzige Pollenquelle der Sägehornbiene Melitta melanura. Letztere ist inzwischen von den wenigen bekannten Standorten nahezu verschwunden (Wiesbauer, Vortrag in Linz 2021). Auch auf den Steppenrasen im Osten Brandenburgs wird diese Pflanze immer seltener was die Bestände der Sandbienenart Andrena paucisquama stark bedroht. Letztere ernährt ihre Larven ebenfalls ausschließlich mit Pollen dieser Pflanze.

In den sehr heißen und trockenen Jahren 2018 und 2019 konnte in Brandenburg beobachtet werden, dass an vielen Orten nahezu das gesamte Blütenspektrum ab dem Juli vertrocknete. Darunter litten neben den im Sommer fliegenden Wildbienen vor allem Hummeln, die erst im Sommer ihre volle Volksstärke erreichten. Sie erzeugen dann Königinnen und Drohnen, die für den Fortbestand der Population sehr wichtig sind und sind auf eine reichhaltige Nahrungszufuhr angewiesen. Fast alle Hummelarten erlitten in dieser Zeit sehr deutliche Bestandeseinbußen. Erst ab 2021 scheinen sich die Völker allmählich wieder zu erholen.

Doch es gibt auch sehr offensichtliche Verdrängungseffekte. Die Langlebige Schmalbiene Lasioglossum marginatum, eine soziale Art deren Königinnen bis zu sechs Jahre alt werden können, breitet sich derzeit in Österreich und Süddeutschland sehr stark aus. Dies ist auf den Klimawandel zurückzuführen. Sie  tritt dort teilweise in extrem großen Volkstärken mit mehreren Tausend Individuen auf.  Zeitgleich wurde beobachtet, dass die verwandte Art Lasioglossum malachurum, die sich den Lebensraum mit dieser Art teilt und auch im Boden nistet, dort kaum noch gefunden werden konnte (Wiesbauer, Vortrag in Linz 2021). Offenbar leidet sie unter der Nahrungskonkurrenz oder sogar unter der Konkurrenz um Nistsubstrate.

Noch ist nicht abzuschätzen, welche Auswirkungen der Klimawandel auf die Populationsentwicklung vieler Insekten- und damit auch Bienenarten haben wird. Doch schon jetzt ist absehbar, dass den deutlichen Gewinnern eine Reihe von Verlierern gegenübersteht, deren Bestände teilweise in ganz Mitteleuropa gefährdet sind. Es handelt sich durchweg um hoch spezialisierte oder wenig konkurrenzkräftige Arten, die entweder von anderen Arten direkt verdrängt werden oder die unter dem Verlust ihrer spezifischen Ressourcen leiden.

Credit und Copyright: Christian Schmid-Egger